Samstag, 11. August 2012

Potosi - Cerro Rico - Sie haben zu tief gegraben...

Vom schönen Sucre fahren wir in 4h nach Potosi. Die Stadt auf 4000m ist eine der höchsten der Welt und im Gegensatz zu Sucre gar nicht so schön.
Bekannt ist die Stadt durch den Reichtum den der Cerro Rico im 17. Jh. beschert hat. Im Berg wurden damals Unmengen an Rohstoffen gefunden, darunter sehr viel Silber. Die machte die Stadt zu einer der größten und reichsten der Welt. Davon ist heute nicht mehr viel übrig. Geschürft wird aber immer noch. Es arbeiten ca. 16000 Menschen im und rund um den Rohstoffabbau. Der Berg ist komplett durchlöchert. Es gibt ca. 500 Eingänge.
Ich möchte mir das unbedingt anschauen und sehen wie die Menschen hier leben und was es heißt im Berg zu schuften. Und wahrscheinlich, um zu begreifen wie gut es uns eigentlich geht. Sylvia ist zuerst nicht so begeistert, bucht aber trotzdem die Tour mit.
Wir starten um 9 und werden zuerst in Schutzkleidung und Gummistiefel gepackt. Danach gehts zum Miners-Market. Dort kann man Cocablätter, Trinken, Schnaps (96% Alk), Zigaretten und Dynamit!!! kaufen, als Mitbringsel für die Mineros. Dann gehts rauf auf den Berg. Wir stoppen auf 4300m bei einem Aussichtspunkt. Von hier starten wir den Rundgang durch die Minen. Das Ganze hat mit einem Showbergwerk wie bei uns nichts zu tun. Der Eingang ist ein Loch aus dem Schienen für die Trollys kommen. Wir werden noch darauf hingewiesen, dass wenn ein Trolly kommt, wir von den Gleisen runter müssen und uns mit einer Fußlänge Abstand von den Gleisen zur Wand stellen sollen. Danach gehts in das schwarze Loch. Die Luft ist zuerst noch ziemlich kalt, aber klar. Nach ca. 100m würde ich so ca. 4° schätzen. Wir gehen weiter und die Tunnel werden immer kleiner, man muss sich bücken um weiter zu kommen. Von der Decke hängen Kabel und Druckluftschläuche für die Kompressorhämmer.
Ab und zu kommen ein paar Arbeiter vorbei. Ihre Backen sind dick ausgebeult und die Gesichter verschwitzt. Ein Lachen und einen coolen Spruch haben sie aber trotzdem drauf. Unser Guide ist eine Frau und da rennt natürlich der Schmäh. Die Backen sind dick von den Cocablättern. Die Mineros stopfen sich die Backen voll damit. Es hilft gegen Hunger, Durst und betäubt ein wenig. Dazu gibts den 96% Alkohol. Anders ist die Arbeit unter Tage nicht auszuhalten.

Wir gehen weiter, es wird wärmer und die Luft wird schlechter. Die Tunnel sind nur manchmal abgestützt und da sind die halben Balken gebrochen. Kein sehr vertrauen erweckender Anblick. Ein Belüftungssystem gibt es hier nicht. Es wird immer stickiger und wir kommen zu einem kleinen abgesperrten Gang. Drinnen treffen wir auf einen Minero. Es ist "sein" Gang und er und seine 4 Söhne arbeiten hier. Heute ist nur er hier. Er ist 54 Jahre alt und arbeitet seit 40 Jahren in der Mine. D.h. mit 14 hat er begonnen, so wie so viele hier. Er ist einer der älteren. Viele erleben ihren 40. Geburtstag nicht. Sie sterben vorher, meist an einer Lungenerkrankung. Er wickelt gerade Papierrollen, in diese kommt Nitrat und dann die Dynamitstange. Die erste aus der Gruppe bleibt zurück, ihr ist es schon zu stickig, wir ziehen weiter, bis wir zu einer Gruppe kommen, die gerade Erz in die Trollys schaufelt. Es hat ca. 40° und man kann fast nicht mehr atmen. Wenn die Trollys voll sind, 1,5t oder 2,5t, gehts los. Sie werden von Hand geschoben und das ziemlich schnell, wenns bergab geht einfach hinten aufspringen, bremsen ist nicht!

Am Weg zurück wirds nochmal richtig eng. Wir müssen durch einen ganz kleinen Gang kriechen. Spätestens hier verläuft einigen aus unserer Gruppe die Schminke. Man muss sich das mal vorstellen, manche Mädls schminken sich, wenns sie auf 4300m in eine der gefährlichsten und eigentlich für Touristen absolut nicht geeigneten Minen gehen! Ich hab ja gedacht das die Tour viel ärger wird und wir viel mehr kriechen und robben müssen, nachdem was ich gelesen hab, aber so komm ich wenigstens auch auf meine Kosten :-) Wir besuchen noch Uncle George, den Höhlengott, oder eigentlich den Teufel. Ihm opfern die Mineros Zigaretten, Cocablätter, Alkohol usw. Am Freitag nachmittag kommen sie für eine extra Zeremonie vorbei und trinken ein bisschen mehr als sonst.
Danach setzen wir unseren Weg Richtung Eingang fort. Nach ca. 2,5h sind wir wieder an der frischen Luft und können wieder richtig durchatmen und ich bin froh, dass die 2,5h vorbei sind!

Was hier eigentlich passiert kann ich nicht richtig verstehen. Wir haben auch nicht so viel gesehen. In dieser Woche sind nicht so viele Arbeiter hier, weil einige Feste sind. Einen kleinen Geschmack was die Mineros hier leisten, konnten wir sehen, aber was das heißt, in diesem Berg zu arbeiten und das mit 14 Jahren beginnend, ohne Aussicht auf ein besseres Leben, bis zum frühen Tod, kann sich bei uns keiner vorstellen. Es gibt eine Dokumentation "The Devil's Miner", in ihr wird die Geschichte der Kinder die in den Minen arbeiten erzählt. Der Film hat sehr viele Preise gewonnen und dafür gesorgt, dass viele Spendenaktionen entstanden sind, die versuchen den Kindern zu helfen. Sicher sehenswert und bringt vielleicht manche der (österreichischen) Suderanten wieder in Erinnerung, wie gut es uns geht.

1 Kommentar:

harald b. hat gesagt…

Hey echt tolle Erlebnisse, für mich beginnt leider montags der Ernst des lebens (1. Arbeitstag). Fühle mich wie am 1. Schultag, kann mich erinnern dass der nicht lustig war ;-) alles Gute euch beiden! LG Harald